Hilfe! – Hilfe

W. Kraushaar 04/2005

Ich habe mir verschiedene Dinge abgewöhnt. Ich habe mir das Rauchen abgewöhnt und das nicht nur darum, weil es ungesund ist. Ich gestehe, es gab noch einen anderen Grund: Jemanden um Feuer oder eine Zigarette zu bitten, ist in Zeiten sozialer Armut schwierig. Während man bis in die 80er mit der Frage: Haste mal ne Kippe? Kontakte schloss, bändelt man heute mit diesem Satz nur noch unter Obdachlosen an. Wenn man die Frage um Feuer an eine Frau richtet, bekommt man im günstigsten Fall eine Ohrfeige mit dem Hinweis, dass sie schon geistreichere Anmachen gehört hätte. Im ungünstigsten Fall bekommt man eine Anzeige wegen sexueller Belästigung. Das will niemand. In diesem Zuge habe ich mir direkt abgewöhnt, Frauen nach der Uhrzeit oder dem Weg zu fragen. Nein ich präzisiere: Ich habe mir abgewöhnt, unbekannten Frauen gegenüber irgendwelche an sie gerichtete Aktionen zu zeigen. Ich muss dies so umständlich ausdrücken, denn hier geht es nicht nur um eine oberflächliche Ansprache, ein Lächeln oder eine Handbewegung, sondern um das Abstellen jedwelcher sozialen Interaktion.

„60% aller Frauen werden Opfer häuslicher Gewalt“ war eine Aussage der grünen Partei, die genau so - groß und breit durch die Presse ging. Ich stellte mir dabei den Block der deutschen Parlamentarierinnen vor, bei denen alle Vertreterinnen der großen Volksparteien ihre Schminke nur zum Übertünchen der Prügelhämatome tragen. 60%!
„60% aller Mütter spielen ihren Söhnen am Piller.“ Ist eine gewagte, und politisch nicht sinnvolle These.  Es gibt keine Kämpfer gegen diesen Missstand, die sich als Wähler gewinnen lassen. Außerdem ist es Unsinn. Obwohl – das allein wäre noch kein Kriterium. So genannte Frauenthemen bewegen sofort 50% der Wählerschaft. Das muss der Grund dafür sein, warum Frauenparkplätze in den Aachener Parkhäusern noch vor den Behindertenparkplätzen angesiedelt sind.
(Als Frau fänd’ ich es jetzt schon blöd, dass mein X Chromosom als größere Behinderung eingestuft wird, als das Doppel X eines Down Syndrom Menschen – aber dafür darf der ja auch nicht fahren!)
Frauenthemen sind leicht zu finden, bergen ein ungeheures Wählerpotential und sind politisch so diffizil wie Landmienen. Welcher männliche Poltiker würde schon wagen, hier etwas in Frage zu stellen, wenn er nicht als Neandertaler aus der Partei fliegen will.

Jaa – Mädchen werden unterdrückt – jaa Frauen werden unterbezahlt – jaa Frauen werden gemobbt – jaa Frauen haben schlechtere Aufstiegschancchen -  und vor allem – Jaaaaa Frauen sind immer bedroht, belästigt, angemacht.
Seit vielen Jahren herrscht Daueralarm. Die Frauen leben auf den Golanhöhen und die Männer sind potenzielle Attentäter. In der Presse hört und sieht man zwar höchst selten von Übergriffen auf Frauen, aber, das machen uns Gleichstellungsbeauftragte, Frauenministerinnen und andere Lohnempfänger der 50% Lobby glauben, all diese Gewalt findet ja auch immer im Geheimen statt. Dann, wenn keiner zusieht! Also Achtung!

Heute morgen fuhr ich hinter dem Auto einer jungen Frau her, deren Hinterrad lose war. Die Situation sah akut bedrohlich aus. Mir war klar, dass ich die Junge Frau mit Lichthupe und Blinker nur in die Flucht und damit vielleicht in den Unfalltod getrieben hätte. So bangte und hoffte ich bis zur  nächsten Ampel, um sie dort auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Nach ein paar Kilometern ergab sich die Gelegenheit und ich bat sie, die Scheibe herunter zu lassen. Meine Gesten bis dahin sollten klar machen, dass es in diesem Fall ausnahmsweise nicht um Brandschatzung und Vergewaltigung, um Spanischen Stiefel und glühende Zangen, sondern um einen technischen Defekt an ihrem Fahrzeug ging. Ich zeigte ein Rad - hinten - imitierte mit beiden Händen den losen Zustand - und bedeutete, die Scheibe runter zu drehen, damit ich....

Aber dazu kam es nicht. So ist das mit der stillen Gefahr durch uns Männer. 60% ALLER Frauen... Frau Engelin-Käfer klingt vermutlich darum wie eine Heulboje, weil sie von ihrem aggressiven Haugenossen... und Ulla Schmidt nuschelt so, weil der Wichser von Mann ihr alle Zähne...

In meinem Fall flüchtete das Mädel in wilder Panik mit drei quietschenden und einem fast abfallenden Reifen von der Kreuzung und ich wünsche dem Mann, der sie aus dem Graben holt, dass er gut Rechtsschutz versichert ist.
Der Vergewaltiger.
Die Sau.

Ich sollte mir das Helfen vielleicht auch abgewöhnen.
Es ist einfach zu gefährlich.