Keine Sorge - Staatsfürsorge!

Unser Staat ist redlich um die Konsumenten im Lande besorgt. Die sind nämlich unmündig und dumm. Aus diesem Grunde finden Sie auf der Verpackung einer Cervelatwurst das kleine Wörtchen „Serviervorschlag“, wenn außer der Wurst noch ein Bauernhof und ein Traktor zu sehen ist. Sehen Sie mal nach! Auf JEDER Verpackung finden Sie das Wort „Serviervorschlag“, wenn darauf etwas anderes als der pure Inhalt abgebildet ist.

Ohne diesen Zusatz darf – nein muss der dumme Bürger davon ausgehen, in der Verpackung neben der besagten Cervelatwurst auch noch einen Bauernhof, einen Traktor und 30 Hektar Weideland zu finden! Enttäuscht würde er ausrufen:“ Ich bin genarrt worden! Betrogen! Ich habe einen Euro achtzehn ausgegeben, um eine bäuerliche Existenz zu erwerben und jetzt nichts, als Hirn in Scheiben!“

Damit uns solches Unrecht nicht widerfährt, hat der Gesetzgeber den Herstellern von Wurstwaren präventiv auf die Finger geklopft.

Vielleicht werden die Verbraucher in diesem Lande damit ein wenig unterschätzt, aber grundsätzlich ist gegen Fürsorge nichts zu sagen...

Ähnlich vorsorglich erlebt man unseren Staat auch beim Erwerb von Grund und Boden. Er stellt uns Notare zur Seite, die uns die Vertragstexte sogar noch einmal vorlesen und fragen, ob man sie verstanden hat. Klar – hier geht es zwar nicht um die Wurst, aber meist um sehr viel Geld! Feierlich werden Urkunden erstellt und bestempelt bevor die Eintragungen im Grundbuch korrigiert und aktualisiert wurden...

Bedauerlicherweise geht es um den Inhalt, die Wurst – nein – um das Haus – bei all den rührenden Bemühungen gar nicht. Sollte das erstandene Gebäude nämlich ganz oder in Teilen über keine Zulassung als Haus verfügen, dann haben Sie als Verbraucher nicht aufgepasst! Gutachten und Eintragungen in den Katasterplan bedeuten nichts und man sucht auch vergeblich nach dem Wort: „Serviervorschlag“. Das Bauamt bleibt unversöhnlich! Nachträgliche Legalisierungen sind, wenn überhaupt möglich, zeitraubend und teuer.

Natürlich haben Sie das Haus über einen seriösen Makler erstanden und fragen sich nun, ob es denn in Ordnung ist, wenn ein Hausverkäufer Häuser ohne Zulassung verkauft. Wenn ein Autoverkäufer Autos ohne Papiere verkauft, ist er dann nicht ein Heeler? Der Jurist sagt:“ Nur, wenn er das wissen musste!“ Lieber Kunde: „Ich WUSSTE nicht, dass die Tonabnehmer in Ihrer, von mir gebauten Gitarre aus einem Braunkohlenbrikett gesägte Attrappen sind. Würden Sie mir jetzt bitte aus der Sonne gehen?“ Warum komme ICH mit so einem naxen Spruch eigentlich nicht durch?!?

Aber um den Verbraucher zu schützen, sind wir ja ein Land mit gerichtlich bestellten und vereidigten Fachleuten. Ob Vermessung, Gutachten, Bauzeichnung: Ohne Zulassung, Eid und Schwur ist alles nichts und nichtig. „Gut und richtig““, ruft da der hier tatsächlich unwissende Verbraucher. Wenn es um Kapital und Steine geht, kann man unbestechliche Fachleute gebrauchen, auf deren Urteil gebaut wird. Die von ihnen erstellten Beurteilungen sind Niet- und Nagelfest!

Damit es keine Konkurrenz und keinen Schmu gibt, rechnen all diese Spezialisten nach der öffentlichen Gebührenordnung ab. Das ist leider nicht ganz billig, aber am Ende geht es ja nur um die Sicherheit und den Verbraucherschutz, oder?

Die einsilbige Antwort lautet: Nöö!

Sie können Ihr Grundstück natürlich nicht von irgendwem vermessen lassen. Das darf nur ein öffentlich bestellter Vermesser. Das kostet ein kleines Vermögen! Leider sind die daraus resultierenden Eintragungen in das örtliche Kataster baurechtlich nicht belastbarer, als eine Wachsmalstift Zeichnung meines jüngsten Sohnes. Und so sind die amtlichen Zeichnungen, die Sie vor dem Kauf des Hauses vorgelegt bekommen haben, nur bemaltes Papier.

Auch das Gutachten eines gerichtlich vereidigten Architekten, erstellt, um dem den Wert des Hauses VOR dem Verkauf zu ermitteln, muss sich nicht damit aufhalten, dass Teile Ihres Gebäudes nach dem Kauf vielleicht wieder abgerissen werden müssen, weil sie nie legal gebaut wurden. Nicht, wenn SIE ihn nicht damit beauftragt haben.

Zusammenfassend kann man sagen:

Wenn Sie ein Haus kaufen, was sich nach eingehender Prüfung von Exposé, Katasterplan, Gutachten, schriftlicher Versicherung und vorgelesenen notariellen Verträgen nach (!) dem Kauf als eine Wurst entpuppt...

haben Sie halt Pech gehabt.

Hier wäre ein Käuferschutz wie der beim Aufdruck von Lebensmitteln tatsächlich hilfreich. Weil es aber eben nicht um eine Scheibe Wurst, sondern um viel Kohle und Verantwortung geht, werden wir wohl vergeblich auf die Fürsorge des Staates warten.

Auf dem Hintergrund ist auch der "Serviervorschlag" nur als bürokratische Posse zu verstehen.