Walter Kraushaar - Meisterwerkstatt für Gitarrenbau Tipps & Tricks » Handwerk - quo vadis?
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Handwerk - quo vadis?

Im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die Handwerksordnung überarbeitet. Bis dahin bedurfte es in Deutschland generell eines Meistertitels, um ein Handwerk – egal welcher Art – auszuüben. Im Rahmen einer europäischen Angleichung der Gesetzgebung war diese Regelung, die es in keinem anderen EU Land gab, nicht länger aufrecht zu erhalten.
Seit dem gibt es die so genannte „Meisterpflicht“ nur noch bei Berufen, bei denen es um Sicherheit oder Gesundheit geht ( z.b. Zahntechniker, Betonbauer, Elektriker....) Alle anderen Berufe sind frei davon. Es geht sogar noch weiter: Möchte jemand nur Teile eines Berufes selbständig ausüben – zum Beispiel nur Fenster und Türen einbauen, so braucht es dafür inzwischen ÜBERHAUPT keinen Nachweis einer Kenntnis mehr.

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Aus europäischer Sicht ist klar, dass eine Änderung her musste. Durch das Gesetz der Freizügigkeit kann ein Handwerker aus einem benachbarten EU-Land hier einen Gitarrenbaubetrieb eröffnen. Der muss aber kein Meister sein. Dann geht es nicht, dass der Deutsche Kollege einen Titel braucht, um am selben Markt arbeiten zu können. So weit ist das nachvollziehbar.
Dass der Gesetzgeber jedoch für die selbständige Ausübung von Teilbereichen der Handwerksberufe JEDEN Qualifikationsnachweis aus dem Gesetz genommen hat – das hat das Bildungssystem des Handwerks an die Wand gefahren.

In meinem Beruf werden zur Zeit jährlich bundesweit etwa 40 Betriebe von Autodidakten neu gegründet. Zugleich haben wir im ganzen Land noch eine Hand voll Ausbildungsverträge.

Aus der Sicht eines an diesem Beruf interessierten Menschen stellt sich die Frage:
Warum sollte man drei Jahre seines Lebens fern der Heimat bei geringer Vergütung und Berufsschul- Blöcken a.A.d.W. Investieren, wenn man ihn auch einfach so ausüben kann? Gibt einen Teenager im Land, der den Autoführerschein freiwillig machen würde, wenn die Prüfung freiwillig wäre?
Gut – vielleicht will jemand bei einem bestimmten Meister lernen, aber ist die „Lehre“ dafür noch die passende Form?

Zur Form: Aus den Zeiten, in denen es noch eine „Volksschule“ gab, die man mit 15 Jahren nach der 9. Klasse verließ, haben wir die Berufsschule. Erhalten hat sich auch eine „allgemeine Berufsschulpflicht“, bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. Unabhängig davon, ob der Lehrling bereits einen Beruf mit angegliedertem Schulbesuch absolviert, oder ein Abitur abgelegt hat. Der Schulbesuch ist Pflicht. Da – zumindest theoretisch – ein Lehrling gerade 16 geworden und noch allgemein gebildet werden muss, hat die Berufsschule, ungeachtet des tatsächlichen Bildungsstandes seiner Schüler, auch Religion, Deutsch, Sport und Gesellschaftskunde zu vermitteln. Bei Berufen, die den Schulunterricht in der Nähe anbieten, kann man dies als lästige Pflicht abtun. Im Zupfinstrumentenbau gibt es jedoch nur zwei Schulen. Eine in Mittenwald und eine in Klingental. Die Berufsschüler fahren in ihrer Lehre 10.000de Kilometer und bezahlen überdies Unterkunft und Verpflegung für ein Schulsystem aus den 1950er Jahren und eine Bildung, die sie oftmals bereits mit Brief und Siegel nachweisen können.

Aus der Sich eines Meisterbetriebs gibt es keine klugen Gründe mehr, sich dieses Systems zu bedienen. Warum sollte ein Meister seine Trade-Secret und seine Kundenkartei preisgeben, wenn sich der junge Padawan noch vor der Prüfung damit selbständig machen kann?
Und dann ein Lehrvertrag?!
Der Lehrvertrag ist ein besonders geschützter Arbeitsvertrag. Es ist praktisch unmöglich, sich von einem Lehrling nach der Probezeit zu trennen, wenn er nicht gerade klaut.
Wie sieht die Berufsschule aus betrieblicher Sicht aus?
Wenn ich für mich und meinen Beruf spreche: Sie ist eine kostenpflichtige Zeitfressmaschine, die schon lange nicht mehr zeitgemäß, aber seit 2007 definitiv überflüssig ist.
So wie die Gesellenprüfung.
Als Lehrmeister, der in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich und engagiert ausgebildet hat, muss ich entnervt feststellen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit den den Prüfungsausschüssen oder den Berufsschulen gegeben hat.
In den Prüfungsausschüssen spricht man unverständliche Dialekte und kocht vollkommen eigene Süppchen. Dass wir hier einem anderen Kulturkreis entspringen wird nicht ohne deutliche Missbilligung wahrgenommen, was meinen Lehrlingen zu allen Zeiten einen schweren Stand beschert hat. Ungeachtet der Tatsache, dass wir seit 25 Jahren erfolgreich am Markt platziert, und darin bekannter sind, als die meisten Prüfer, wurde allenthalben so getan, als würden wir Gitarren noch mit dem Faustkeil bearbeiten.
Die Berufsschulen auf der anderen Seite haben nur einen Vorgesetzten: Den Kultusminister. Mit Proleten ohne Abitur spricht man da überhaupt nicht. Das ist keine Rhetorik. Als ich vor Jahren den Direktor einer Schule darum bat, uns wenigstens die Eintragungen aus dem Klassenbuch zukommen zu lassen, damit wir hier, am anderen Ende der Republik, am Unterricht Teilhaben könnten, wurde uns die Bitte verwehrt. „Aus pädagogischen gründen könne man das nicht darauf reduzieren und letztlich sei dies den Kollegen auch nicht zuzumuten...“
Duale Ausbildung heißt also, dass wir Meister unlösbare Verträge abschließen und unsere Lehrlinge in den bezahlten Bildungsurlaub schicken, wo Inhalte vermittelt und abgeprüft werden, die wenig bis nichts mit unserer beruflichen Praxis zu tun haben. Und das alles, um einem Gesetz nachzukommen was aus den Gründertagen dieser Republik stammt?!

Was mich betrifft; ich habe keine Probleme damit, mein Wissen mit jungen Menschen zu teilen. Ich halte es jedoch für klüger, die Ausbildungszeit mit Praktika bei verschiedenen Meistern zu verbringen. Das verbreitert das Wissen und konzentriert sich auf berufliche Inhalte.
Während ein herkömmlicher Lehrling 3 Jahre seines Lebens in einem überholten Bildungssystem investiert, machen sich 120 Ungelernte selbständig. Es ist schade, aber DIESER Wisch am Ende ist nichts mehr wert.

Wertvoll dagegen ist es, von einem erfahrenen Meister zu lernen. Nach wie vor. Wir brauchen dafür flexible Verträge, die den größt möglichen Nutzen für beide Parteien bringen. Aussagekräftige Zeugnisse von einem namhaften Gitarrenbauer sind mehr wert, als ein Gesellenbrief. Wer es will, kann nach 5 Jahren Fachpraxis vor jedem Ausschuss eine Gesellenprüfung ablegen – das schreibt die HWO vor! ;-)

© Walter Kraushaar, Werkstatt für Gitarrenbau Germaniaplatz 18 DE-52457 Aldenhoven-Dürboslar
Tel. +49 (0) 2464 - 9798891 www.kraushaar-gitarren.de E-Mail: post@kraushaar-gitarren.de
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