Sie hätten wollen können!

Die GEZ hat’s vorgemacht: Die Rechnung im Konjunktiv. Will sagen: Der definitiv rechtsgültige Anspruch auf Geld für eine Leistung, die man gegebenenfalls hätte erhalten haben können. Mit einem neuen Gesetz darf die Gebühreneinzugszentrale Computerbesitzern mit einem Anschluss an das World-wide-Web Rechnungen dafür stellen, dass jetzt endlich auch die öffentlich rechtlichen Sender ihre verschnarchten Inhalte in die unergründlichen Tiefen des Netzes speien. Dort könnte der Angeschriebene neben den Milliarden anderer, freier Inhalte den Staatssender aufspüren und Gefallen daran finden. Der Besitz eines „empfangsfähigen Geräts“ macht den Besitzer, der ein Halunke ist, bis er das Gegenteil unter Beweis gestellt hat, zum Nutzer. So jedenfalls sagt es der Gesetzgeber, der mit den Sendeanstalten eng verwandt, verschwippt und verschwägert ist, was in diesem Fall nicht nur ausnahmsweise erlaubt, sondern auch noch außerordentlich praktisch ist.
Genau genommen sollte nach diesem Grundsatz jede Frau zwischen 15 und 45 Jahren Kindergeld bekommen, denn auch sie verfügt in der Regel über ein „empfangsfähiges Gerät“, aber hier weicht der Gesetzgeber, warum auch immer,  von seiner strikten Linie ab.

Die Aachener Bank hat davon offenbar gelernt und geht noch einen Schritt weiter: Dass die Bereitstellung von Krediten Gebühren kostet, das Schließfach in der Rechnung auftaucht, weil man es beanspruchen könnte... das sind olle Kamellen. Der neue Coup sind Rechnungen für Dinge, die wir NICHT beansprucht haben. „Wir haben ihnen einen Dispokredit eingeräumt und sie haben sich nicht bis über beide Ohren verschuldet? Das kostet ab jetzt Geld!“ Das ist kein Scherz! Meine Bank nimmt künftig 3% Zinsen für den Kredit, den ich nicht in Anspruch genommen habe! Die Nicht-Verschuldung von € 10.000.- kostet mich demnach € 300.- pro Jahr.
Früher hieß es: Friss oder stirb! Aber was will die Wirtschaft mit toten Konsumverweigerern? Besser, sie zahlen Strafe und fressen weiter!
Ist das der Höhepunkt des Konsumterrors? Das abstoßendste an Wirtschaftsköpfen ist, dass sie von keinerlei Skrupel geplagt, sondern nur von der Machbarkeit, der Durchsetzbarkeit eines Gedankens getrieben sind. Und da ist noch viel Geld drin!
Wie oft fährt der Bus an meiner Haustür vorbei, den ich nicht besteige? Wie oft war ich nicht im Schwimmbad, wie oft bin ich an der geöffneten Tankstelle vorbei gefahren? Wie viele Produkte habe ich nicht gekauft? Wie viele Steuern sind dem Staat dadurch entgangen? Das wird teuer! Und das Finanzamt ist schnell dabei, wenn es um die Disziplinierung seiner Untergebenen geht:

Ich erhielt vor einigen Wochen die Mitteilung über die Höhe meiner Umsatzsteuerschuld. Sie betrug nach Verrechnung meiner quartalsmäßigen Vorauszahlungen 8 Cent. Summen unter einem Euro werden in Umsatzsteuer Voranmeldungen nicht angegeben. Da lag ich also mit meinen 8 Cent um ein zwölffaches darunter. Dennoch hatte sich eine dumme Maschine, oder ein mental abstinenter Finanzbeamter, zwei Gattungen, die oft erschreckend viele Parallelen aufweisen, mit meiner „Summe“ beschäftigt und mir dazu einen Bescheid geschickt. Die Erklärung meiner Steuerschuld, die in der folgenden Korrespondenz von Seite der Behörde richtig als Null Euro bezeichnet wurde, ging aber zu spät ein, so dass ein „Verspätungszuschlag“ von € 150.- fällig wurde. Im folgenden Gespräch mit der Verwaltungsdompteuse, ein Element des Staates, was nur in zwei Aggregatzuständen vorliegt; starr, oder überflüssig, wurde mir daraufhin im angestrengten Ton mitgeteilt, dass es sich hier um eine „Erziehungsmaßnahme“ handele. Oh ja! Für eine zünftige Erziehung ist es nie zu spät! Auch bei einem Mann nicht, der seit bald 30 Jahren pünktlich seine Steuern zahlt.

Was also habe ich gelernt, nachdem mir die Obrigkeit den rechten Weg gewiesen hat?

Dies:
Sie haben diesen Beitrag gelesen. Das kostet Sie € 5.-
Ich unterstelle, dass sie noch mehr Beiträge von mir gelesen haben. Ich habe sie ja ins www. gestellt.
Das kostet sie weitere € 25.-
Ich habe Unmengen von Unsinn geschrieben, den Sie nicht lesen wollen. Er wurde aber für sie geschrieben.
Das kostet noch einmal 3% der bisherigen Summe.
Und nicht zu letzt haben Sie versäumt mir mitzuteilen, dass Sie im Vergangenen Jahr nichts zu bezahlen hatten.
Das kostet € 150.- Verspätungszuschlag.

Zahlen Sie also € 180,99 binnen 3 Tagen!

Und jetzt kommt der Abspann, zitiert aus dem Schreiben des Finanzamtes:

...“Diese Mahnung hätten Sie sich und uns ebenso ersparen können, wie künftig Mühe, Kosten und Zeit durch die Teilnahme am Lastschrift-Einzugsverfahren...“

Ich hätte mich ja schon bemüht, diesen Satz in einem geistreichen und weniger hingestolperten Aufbau anzubieten, aber vielleicht liegt darin bereits mein Grundfehler – im Wunsch, verstanden zu werden.

Also senken Sie das Haupt, sein Sie belehrt und zahlen Sie!