Frauen haben es schwerer!

W. Kraushaar 1999

Dass diese Aussage richtig sein muss, zeigt schon der Umstand, dass die meisten Menschen bei diesem Satz zustimmend nicken, obwohl er unfertig und ohne Bezug ist.
Ich hätte ja auch meinen können, dass Frauen es schwerer haben, als sibirische Waldarbeiter. Eine These, die durchaus diskutabel wäre. Ich würde jedoch befürchten, auch hier auf allgemeines Wohlwollen zu treffen - mit dem Zusatz: …Und die Frauen der sibirischen Waldarbeiter erst…
Wir haben uns an allerlei Unsinn gewöhnt. Eine ganze Nation sortiert seit 10 Jahren Kunststoffabfälle, die ausnahmslos aus 100% nicht recyceltem Material hergestellt sind. Es gibt keinen Kreislauf. Das pfeift jeder beim Ausspülen des leerer Jogurtbechers fröhlich vor sich hin. Flüü tüütüü...

Das Korrekturprogramm meines Computers ist da unversöhnlicher. Bei dem Wort Frauengleichstellungsbeauftragte unterstreicht er rot. Immer. Ich habe ihn gern dafür. Mein Verständnis für den Begriff Gleichheit scheint einem anderen Kulturkreis erwachsen zu sein, wenn nicht mehr die Qualifikation, sondern die Position beim Pinkeln über die Besetzung einer Stelle entscheidet. Eine grüne Strickliesel forderte neulich Kinderspielplätze für Mädchen. Neben dem Verbotsschild, auf dem ein durchgestrichener kackender Hund abgebildet ist, hängt dann ein weiteres Schild mit einem durchgestrichenen Kinderschwanz nebst anhängendem Kindersack. Die Sitzbänke am Spielplatzeingang werden mit einem Frauenzeichen versehen, damit für die Mütter bessere Fluchtmöglichkeiten bestehen. Man weiß ja nie. Frauen sind immer bedroht.

Vor einiger Zeit zog ich mit einem Freund durch die örtliche Gastronomie. In einem Laden gaben wir hereinkommend beim Wirt unsere Bestellung auf und suchten uns einen übersichtlichen Platz. Kurz darauf erschien eine junge Kellnerin und stellte mir ein großes, meinem Freund ein kleines Bier hin. Verblüfft fragte ich sie, woher sie wisse, welches Bier zu wem gehöre. Mit der entkräfteten Genervtheit, die nur studentischen Hilfskräften zu Eigen ist, antwortete sie mir im Gehen: An deinem Bauch!
Es wurde herzlich gelacht und auch ich lachte mit, von ihrer kecken Rede überrascht.

In der folgenden, kurzen Nacht träumte mir, ich sei als Kellner in eben diesem Etablissement beschäftigt. Ich servierte an einem Tisch mit dem Satz: Das Sahneschnitzel für die Frau mit dem fetten Arsch - ein Kurzer für den schlanken Herrn… und augenzwinkernd ein guter Hahn wird niemals fett!
Plötzlich ging die Musik aus und alle Blicke lagen auf mir. Nachdem ich mir die Sahnesoße aus dem Gesicht gewischt hatte, schrie mich mein gesäßfülliges Gegenüber an, dass man derlei chauvinistischen Scheißdreck nur von Männern mit zu kurzem Schwanz zu hören bekäme. In wenigen Sekunden waren alle weiblichen Anwesenden auf den Beinen, um zu prüfen, ob diese Aussage der Wahrheit entsprach oder ihr gegebenenfalls mit einem Messer nachzuhelfen. Derweil standen die Männer mit verschränkten Armen herum. Manche murmelten etwas von Neandertaler und selber schuld…
Ich floh und fand mich in den Weiten der Schneeeifel, mit einem Bärenfell bedeckt, Wurzeln suchend. Ein aus der Gesellschaft ausgestoßener…

Selbst wenn man behauptet, dass die Geschichte mit dem Traum erfunden und übertrieben ist, bleibt eines doch wahr:Was auf fraulicher Seite als Indiz von selbstbewusster Eigenständigkeit gewertet wird, ist auf der anderen Seite ein gesellschaftlicher Supergau.
Während Frauen feindliches schneller wittern, als die Fünferbande Konterrevolutionäre, scheint sich bei mancher jugendlichen Kämpferin die Meinung durchzusetzen, die Übernahme der übelsten Umgangsformen unserer Großväter sei ein probater Weg in die Gleichberechtigung. Das ist weder revolutionär, noch neu. Es ist nicht mehr, als die Darstellung einer nicht geglückten Sozialisation oder einfacher ausgedrückt, einer schlechten Kinderstube. In meinem stillen Kämmerlein vertrete die Auffassung, dass sich für schlechtes Benehmen was auf den Arsch gehört.
Aber auch das ist nicht so einfach:Wenn ich mich einem Flegel entgegenstelle, beweise ich Zivilcourage, ernte Lob in der Regionalpresse und bekomme vielleicht ein Verdienstkreuz. Trete ich mit der selben Absicht einer krakeelenden Zicke gegenüber, bekomme ich bestenfalls einen festen Job in der Küche der hiesigen Forensik.Welcher Mann mit guter Kinderstube will das schon?

Hier warten die Ritter der Umgangsform bislang vergeblich auf den Schulterschluss mit den emanzipierten RitterInnen!
Bleibt die Tafelrunde von Königin ArthurIn eine Vision für das dritte Jahrtausend?
Ich jedenfalls gebe mich da keiner großen Hoffnung hin.