"Humbug",
so lese ich im Duden, steht ugs. für Schwindel, Unsinn und hat kaum etwas mit den folgenden Zeilen zu tun. Es ist eher eine, zugegebenermaßen etwas an den Haaren herbeigezogene Einleitung und ich bin schon froh, daß ich als Überschrift nicht HAMBURG gewählt habe, sonst hätte ich nie die Kurve bekommen...
Ich hatte in der letzten Ausgabe die Funktionsweise von Humbuckern am Rande erwähnt. Dies mal möchte ich etwas über die Verschaltungsmöglichkeiten der zwei Spulen schreiben. Ich habe mir dazu ein Buch von Helmuth Lemme genommen, das 1977 erstmalig erschienen ist. Damals versuchte man - zwei kanalige Verstärker waren gerade erst im Kommen - möglichst viele Klangvarianten aus einer Gitarre zu bekommen. Kaum eine Gitarre, die nicht im Zuge des allgemeinen Forscherdrangs mit kleinen Schaltern übersät wurde, wie das Kontrollfeld von Raumschiff Orion. Das ganze Geschalte erwies sich jedoch als unübersichtlich und schwer zu handeln. Manche Schaltung war eine elektronische Glanzleistung, aber eine akustische Zumutung und so kam man wieder auf die alten 3- und 5-Weg Schalter zurück. Heute kauft sich mancher lieber einen neuen Pickup, wenn der Sound nicht gefällt.
Es war jedoch nicht alles Humbug, was man damals ausprobierte und so sind ein paar Tricks beinahe in Vergessenheit geraten, mit denen man den Klang seines alten Tonabnehmers erheblich verändern kann:
- Humbucker sind meist mit einer Reihe verstellbarer Polschrauben versehen. Man kann ohne Gefahr für die Spule daran drehen. Ursprünglich sind diese Schrauben dazu gedacht, um die Lautheit der einzelnen Saiten aufeinander abzustimmen. Wenn man die Schrauben jedoch mal alle um ca. 2mm herausdreht, wird man feststellen, daß sich der Pickup deutlich in seiner Wiedergabe der Mitten verändert. Diese Veränderung kann, je nach Typ deutlicher ausfallen, als ein neuer Pickup.
- Humbucker werden in aller Regel seriell geschaltet, d.h. beide Spulen hängen in einer Reihe. Für jazzige und verzerrt rockige Sounds ist das auch so gefragt, denn so bekommt man Mitten und hohe Ausgangsleistung.
- Bei den meisten Gitarren wird, wenn man hellere Klänge erreichen will, einfach eine Spule kuzgeschlossen. Dabei geht der Humbucking-Effekt verloren und der Tonabnehmer brummt.
- Man kann einen Humbucker aber auch parallel schalten, wie es bei Strats in den Zwischenpositionen geschieht. Dabei wird der Klang des Humbuckers hell und glasig, ohne zu brummen.
- Umgekehrt kann man bei einer Strat die Tonabnehmer seriell schalten. Dabei gewinnt man Mitten und Ausgangsleistung.
- Früher wurden die Spulen auch oft phasenverdreht geschaltet. Es entsteht ein sehr hohler Klang, der wenig Ausgangsleistung besitzt und, zumindest ohne einen anderen Tonabnehmer, schrill und unschön klingt.
Es gibt noch eine Menge kleiner Tricks und Kniffe, um einer Gitarre neue Klangvarianten zu entlocken, ohne gleich große Summen für einen neuen Tonabnehmer über den Tresen zu schieben. Da man inzwischen Potis bekommt, die auch eine Schaltfunktion ausüben können, ist es problemlos möglich, mit neuen Schaltungen zu experimentieren ohne das Instrument mit Löchern zu verschandeln.
Ob die neuen Schaltungsvarianten sinnvoll, oder Humbug sind, kann man nur selbst feststellen - auf jeden Fall spitzt es das Ohr und erweitert den Horizont für das Instrument und neue Klänge.
Bemerkung vom Juni 2001: Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich Helmuth Lemme seit mehr, als 25 Jahren mit Tonabnehmern und Schaltungen.
Wer mehr erfahren will, kommt mit diesem Link auf seine Seite: Gitarrenelektronik