Bodycare
Ich entsinne mich an Zeiten, da man beim Kauf eines Paares neuer Schuhe von der Verkäuferin gratis einen Exkurs "wie pflege ich meine neuen Wildlederschuhe", und eine Spezialbürste nebst giftigem Imprägnierspray für teuer Geld dabei bekam. Uns Kindern war das scheißegal, und die Pflegeutensilien türmten sich ungenutzt in irgendeiner Ecke, aber wir wußten zumindest, wie wir die Schuhe hätten pflegen können...
Vielleicht will das heute bei dem riesigen Angebot von billigen Instrumenten keiner mehr wissen, vielleicht lassen die kleinen Gewinnspannen im Musikalienhandel auch manchmal keine umfassende Beratung mehr zu, fest steht:
Viele Schäden an Instrumenten wären bei entsprechender Pflege oder Information vermeidbar.
Trockenheit:
Der Killer akustischer Instrumente. Wenn in den Wintermonaten das Thermometer fällt, kann die Luft nur noch wenig Feuchtigkeit aufnehmen. Diese wasserarme Luft gerät in unsere zentralbeheizten Räume und wird dort auf 21° erwärmt. Das Klima, was dadurch entsteht, ist für akustische Instrumente härter, als eine Session in der Sahara. Decken reißen, Balken und Leisten lösen sich, Zargen lösen sich von Decke und Boden und die Bünde kommen seitlich aus dem Griffbrett.
Instrumente, die wenig, oder nicht gespielt werden, bewahrt man in diesen Monaten am besten in einem nicht beheizten, frostfreien Raum auf. Für Instrumente, die täglich gespielt werden, gibt es Luftbefeuchter für wenig Geld. Im Prinzip ist das ein Röhrchen mit einem Schwamm, das man feucht in das Schallloch hängt, bevor man das Instrument in den Koffer legt. Der geschlossene Koffer (mit Luftbefeuchter) sollte auch in der Heizperiode der Raum für das Instrument sein. Einfacher ist natürlich ein Raumluft - Befeuchter. Diese Geräte halten die Luftfeuchtigkeit konstant auf einem für Mensch und Instrument gesunden Level.
Feuchtigkeit:
Vor ihr haben die Musiker die meiste Angst, dabei tut sie dem Holz am wenigsten Schaden, solange sie nicht mit dem Putzeimer daherkommt. Selbst Instrumente, die im Inneren bereits Stockpilze beherbergen, leiden höchst selten in der hölzernen Struktur oder Konstruktion. Das Quellen des Holzes hat nicht die gleichen Folgen, wie das Trocknen, was vor allem auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß mit steigender Feuchtigkeit Leime und Hölzer gefügiger werden. Anders ist es beim Lack und der Elektronik.
Shelllacke und Nitro - Cellulose Lacke vertragen Feuchtigkeit gar nicht gut. Sie werden grau, oder reißen durch das Quellen des Holzes.
Man kann sich kaum vorstellen, wieviel Wasser in der Luft eines beheizten Proberaumes ist, wenn 4-6 Personen darin mehrere Stunden geatmet und geschwitzt haben. Nach der Probe geht die Heizung und der Lüfter aus und die Feuchtigkeit schlägt sich zuerst an den kältesten Teilen nieder. Da Metall am schnellsten abkühlt, bilden sich kleine Wasserperlen, die den Mechaniken, Pickups, Bünden, aber vor allem Tremolos und der Elektronik böse zusetzten. Schalter und Potis beginnen zu knirschen und die Schrauben rosten fest. Beides ist in der Regel nur durch Austausch abzustellen. Mancheiner legt sein Instrument aus dem Grunde im besten Glauben nach der Probe direkt in den Koffer und ist erstaunt, wenn nach Tagen alles verrostet ist. Im Koffer hält sich dieses Äquatorklima über Wochen.
Wenn man einen feuchten Proberaum hat, sollte man ihn nach der Probe durchlüftet abkühlen lassen, bevor man ihn verschließt. Instrumente, die darin bleiben, sollte man offen stehen lassen und auf keinen Fall in Tücher, Taschen oder Koffer packen. Stoffe schützen nicht, sondern halten Feuchtigkeit. Ein Kopfkissen lüftet man ja auch nicht im Bettkasten.
Kälte:
Holz kann Kälte besser vertragen, als jeder Musiker. Frost, egal wie hart, macht Holz gar nichts! Aber allen Kunststoffen. Lacke haben einen bedeutend anderen Ausdehnungs-koeffizienten, als Holz. Manche Kunststoffe verändern ihre Größe bei Temperaturschwankungen vier mal stärker, als Holz. Theoretisch gerechnet heißt das: Der Lacküberzug einer Westerngitarre von 420mm Breite würde sich bei 0° gerne auf 403mm zusammenziehen. Aber der Untergrund tut es nicht. Da Lacke bei Kälte auch noch hart und spröde werden, reißen sie dann oft. Dies gilt vor allem, je älter sie werden, da mit zunehmendem Alter die Weichmacher entweichen. Dies gilt ins Besondere für Nitro - Cellulose und Polyester- Lacke.
Auch Kupferspulen, die man in jedem elektromagnetischen Tonabnehmer findet, können Kälte nicht gut vertragen. Kupfer schrumpft und streckt sich bei Temperaturunterschieden noch mehr, als Kunststoff. Der Draht, der zwischen 5 und 8 Hundertstel mm dick ist, reißt, wenn er durch Kälte zu sehr schrumpft.
Instrumente sollten darum bei Frost nur auf dem kürzesten Weg, und in einem Koffer oder einer gut gefütterten Tasche transportiert werden.
Hitze:
Hohe Raumtemperatur, die das Instrument gleichmäßig erwärmt, führt äußerst selten Schäden, zumal es in unseren Breiten dabei meist auch feucht ist. Teuer wird es jedoch bei einseitiger Erwärmung durch bollernde Öfen oder Sonnenbestrahlung. Holz ist ein hervorragender Isolator. Wärme durchdringt es daher nur langsam. Das oberflächlich erhitzte Holz trocknet und schrumpft in Minuten. Das darunter liegende reagiert dagegen viel langsamer, da es keine Oberfläche besitzt, an die es die Holzfeuchte abgeben könnte. Die Spannung, die zwischen dem erhitzen und dem noch kühlen Holz entsteht, zerreißt es nach kurzer Zeit.
Wenn die Oberfläche eines Instruments so warm wird, daß es unangenehm wird, sie zu berühren (also etwa ab 40° ) besteht die Gefahr von ernsthaften Schäden.
Schmutz und Gammel:
Tropischen Hölzern und modernen Lacken ist "Köjs", wie der Öcher (Aachener) Substrate aus Schweiß, Haut, Fett und anderen, besser unbenannten Substanzen nennt, egal: Pallisander - oder Ebenholzgriffbretter behandelt man mit Griffbrettöl, Polyester - oder DD Lacke reinigt man mit irgendeiner Instrumentenpolitur. Fertig. Instrumente, mit Öl - oder Wachsfinish sind nicht so genügsam in der Pflege. Man muß sie regelmäßig reinigen und neu versiegeln. Bei aller Pflege reagieren sie sehr empfindlich auf Schweiß und Luftfeuchtigkeit. Auch Nitro - Cellulose Lacke, wie sie bis in die 60er Jahren überall, und heute noch für manche akustischen Instrumente, aber auch noch immer bei Gibson, oder Heritage verwendet werden, gehen unter bestimmten Bedingungen eine unangenehme Verbindung mit dem Schweiß ein. Diese Lacke reagieren sehr empfindlich auf Lösemittel und Alkohol ist eines davon. Ein wenig Alkohol im Schweiß reicht schon, um die Oberfläche anzulösen. In diese weiche Schicht gelangen nun Fette, Schmutz und Nikotin. Es entsteht ein Schmier, für den es kein Reinigungsmittel gibt. Man kann ihn nur mir einer professionellen Poliermaschine entfernen.
Anders, als in diesem Fall, kann man bei der Hardware selbst Hand anlegen. Wer den beweglichen Teilen und Schrauben an Brücken, Tremolos und offenen Stimmmechaniken bei jedem Saitenwechsel einen Tropfen Nähmaschinenöl gönnt, kann sie so über Jahrzehnte beweglich halten.
Zum guten Schluss:
Die Gitarre ist kein Hefeteig. Ich will hier nicht den Eindruck erwecken, man müßte eigens für sein Instrument einen klimatisierten Raum schaffen, damit es nicht auseinander fällt. Wer seinem Instrument kein Klima zumutet, in dem er sich selbst unwohl fühlen würde, braucht auch keine Schäden zu befürchten.
Den Schaden an fehlenden Schäden hat dann der Gitarrenbauer.
...auch irgendwie schade!