Ich bin's so light!

In den 90ern ging es los, dass man alles nur noch reduziert kaufen konnte. „Nur halb so viel an Heroin, so viel Dröhnung – Dröhnung Light!“, schmetterte es uns aus dem Fernseher entgegen. Irgendwann bekam man im Joghurtregal nur noch ohne Zucker, ohne Fett oder ohne Joghurt.... Halbfett-Butter, -Wurst, -Käse. Aber man kam mit der Zeit auch dahinter, dass man sich das Doppelte drauf tun musste, damit es etwa wie früher schmeckte. Beim Joghurt ging das natürlich nicht. Er war einfach nur schlecht und die Zeit voller Entbehrungen.

Auf der anderen Seite machte man sich um Energie keine Sorgen. Autos mussten sicher und schnell sein. Sprit? Egal! Halogenlampen fluteten die Wohnräume in festlichem Licht, Badezimmerheizkörper wurden riesig und nur für Badetücher, während der Boden extra beheizt wurde.  Das Aachener Klinikum bekam einige 100 Kilometer Klimaanlage verpasst, womit es nicht nur aus der Ferne aussieht, wie eine Raffinerie. Erst 20 Jahre nach seinem Bau fiel dem inzwischen Energiekosten gepeinigten Träger des Gebäudes ein, dass man Lüftung auch über öffenbare Fenster betreiben könnte. Also baut man jetzt Fenster ein, die man auf machen kann. Das freut nicht nur die Menschen im Inneren, es ist auch klug..

Die Zeit der halben Lebensmittel hat glücklicherweise ein Ende gefunden. Natürlich hat niemand darum weniger gegessen und das war ja auch nicht der Sinn der Sache. Im Gegenteil! Neue Produkte, neue Begehrlichkeiten, neue Märkte. Das Geld wurde inzwischen eingesackt und seit einiger Zeit dürfen wir wieder genießbare Lebensmittel kaufen. Danke! 

Dafür geht jetzt etwas neues an: Energiesparen!

Wer einen Computer besitzt weiß, dass man durch all die hippen Aktionen mindestens das selbe Geld verbläst, was man auf anderer Seite einzusparen gedenkt.  "Schuhwerk sparen  –  Taxi fahren“  Niemals ist jemand durch den Kauf einer neuen, sparsamen Technik reich geworden. Entwerder wiegen die Anschaffungskosten den Gewinn auf, oder der Staat streicht ihn ein. Gerade darum konzentriert sich ein Großteil der Wirtschaft auf das Energiesparen.

Bei der Haustechnik hat es angefangen. Im Passivhaus kann man sich an einem Furz drei Wochen wärmen. Leider kann man auch nicht mal eben lüften. Ein warmer Schlafsack muss vor allem dicht sein.... Sparen heißt ja meist, etwas nicht herzugeben, oder besonders lange zu gebrauchen. Wir wollen das bei dem Thema "Darmwinde" lieber nicht vertiefen.

Aber auch beim Licht ist die Energiesparerei weit vorn. Versuchen Sie mal in einem Baumarkt eine gute alte 100 Watt Energieschleuder  zu bekommen... 100 Formen von Energiesparlampen, die ewig halten und sooo viel Licht versprechen. Das Neuste sind LED-Lampen. Es gibt sie in den Farben: Tageslicht, Sonnenlicht, Goldlicht, Weißlicht, Maibowle, und Spinat-Schafskäse und sie brauchen angeblich weniger Energie als ein Topfpflanze. Die LEDs haben nur einen Nachteil: Wenn man hineinsieht, ist man augenblicklich blind. Nicht ihrer Helligkeit wegen, sondern weil dieses Licht in der Natur nicht vorkommt und unsere Augen quält. Sie eignen sich für Ampeln und Taschenlampen, aber niemals zur Beleuchtung eines Lebensraums.  Außerdem kosten sie weit mehr, als sie jemals einsparen können.

Und die zu Kerzen gewickelten Neonröhrchen? Was habe die zu bieten?

Licht wird immer dann benötigt, wenn es dunkel ist. Klar! Im Winter ist es viel kalt und viel dunkel. Auch das ist klar! Dabei spenden die Lampen in unseren Wohnräumen nicht nur Helligkeit für unsere wintertrüben Augen. Licht ist auch Sicherheit, Wärme, Glück und Leben. So war es zumindest bis zur Erfindung der Energiesparfunzel....
Denn ich tappe des morgens frierend durch kalte, dunkle Räume, drücke auf den Schalter, und nach einigem Zeitverzug nässt ein depressives Glühwürmchen ein graubraunes Rinnsal aus der Lampenschale. Ehedem weiße Wände kleiden sich eitrig und Schatten werden raumgreifend; die Farbe von Kälte, Winter und übler Laune schwappt mir träge und miesepetrig entgegen. Das sind die Momente, in denen aus einer kleinen Winterdepression ein bedrohlicher Zustand wird. Man hürt die erbärmliche Funzel förmlich asthmatisch jammern: „Boh nöö, in der Dunkelheit komme ich ja gar nicht zurecht...!“  Wenn Lichtstärke in Lux gemessen wird, was ist dann das, was diesen Lichtwürsten entfleucht? "Schneck"?

Wofür braucht man dieses Licht? Zum Beleuchten von Menschen ist es gänzlich ungeeignet. Sie sehen darunter krank aus und beginnen, sich zu töten. Selbst Dinge werden fahl und schmutzig unter ihrem hässlichen Lichtschleim. Man könnte sie vielleicht zum schneckigen Befeuchten von Kellern und Fluren gebrauchen, aber wer will schon 5 Minuten vor Betreten des Kellers hinunterlaufen, um die Leuchtwürmer schon mal vorzuwärmen? Und wenn man sich auf dem Weg im Flur die Knochen bricht?

Ist dies das dritte Jahrtausend? Laufen wir bald wieder mit Kerzen und Thermohosen durch das Haus?  Weil man die 0,03 Watt Lampe nicht ertragen kann und nach einem guten Essen einfach mal das Fenster öffnen muss?

Kann schon sein, oder? Ich habe mir jedenfalls eine 100 Watt Halogenlampe gekauft. War nicht einfach zu bekommen. Aber jetzt strahlt sie in meiner Küche: Direkt, warm und hell!
Und – boooh!  mach’ doch mal jemand die Fenster auf!